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Wirtshaus Bodhi: Bier statt Tier

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Von: Andreas Platz

Wirtshaus Bodhi in München
Gemütliches veganes Stadtteil-Wirtshaus mit Bücherwand und Bar © Rainer Germann / InMagazin Verlags GmbH

Das Bodhi ist eine Stadtteilkneipe im Westend, in der man solide Wirtshaus-Klassiker essen kann, für die kein Tier sterben muss

Als wäre es gestern gewesen - wir betreten das Lokal Ecke Gollier/Ligsalzstraße und die Zeitreise beginnt: Vor über 30 Jahren hatte der Autor dieser Zeilen mit seiner Dauerlebensgefährtin hier um die Ecke mal rund drei Monate gewohnt - in einem Büroraum, aber das ist eine andere Geschichte. Das Westend hat sich wie auch wir verändert, trotzdem scheint im ehemaligen Ligsalz, wie die Stadtteilkneipe damals hieß, die Zeit fast, aber nur fast, stehen geblieben zu sein. Dunkles Holz, Punkmusik, Spaten-Bier, Gäste aus der Nachbarschaft in allen Altersgruppen, allerlei KrimsKrams an den Wänden, neben der Küche eine Bücherwand ... Gleich wenn man reinkommt im Blick die Bar, rechts daneben Hoch- und Holztische, links der kleine Gastraum. Das Licht gedimmt durch Zigarettenrauch, stopp, hier spielt die Erinnerung einen Streich, es sind T-Shirts an der Leine, die quer durchs Lokal gehängt sind und neben der warmen Beleuchtung eine fast heimelige studentische Achtziger-WG-Atmosphäre erzeugen. Die Shirts kann man kaufen (20 Euro) und sie sind bedruckt mit Statements: „Bier statt Tier“ steht da, und „Eat Plants, Wear Plants, Smoke Plants“. Das Lokal ist brechend voll, jeden Tag, versichert uns die sehr nette junge Frau im Service, die uns spontan zwei Plätze bis zur nächsten Reservierung angeboten hat.

Auch die Karte könnte aus den Achtziger stammen – zwei dicke Holzbretter, dazwischen ein paar bedruckte Seiten in den während Corona als hygienisch geltenden Plastikhüllen (wenn sie denn nach jedem Gast gereinigt worden sind) – davor und mittlerweile wieder eine hässliche (und nicht umweltfreundliche) Unsitte, die man schnell beheben könnte. Die Karte versammelt klassische bayrische und internationale (Stadtteil-)Wirtshaus-Klassiker: Käsespatzen, Schnitzel, Entenbraten, Backfisch, Burger usw. Mit einem kleinen Unterschied: alle Speisen sind im Bodhi zu 100 Prozent vegan.

Seit zehn Jahren wird hier der Spieß umgedreht: kein dogmatischer Verzicht auf Speisen und Zubereitungen wie man sie kennt, gerne auch mit einer eh veganen Halben. Hier ist die von Karnivoren angeprangerte „Unart“, gängige Fleischgerichte mit veganen Ersatzprodukten zu „imitieren“, ganz klar Konzept – Hauptsache es schmeckt, und jedes Tier weniger, das für die Lust auf bayrische Wirtshausküche geschlachtet wird, ist nicht nur ein Plus auf dem Karma-Konto. Für unsere jungen veganen Tischnachbarinnen ein Volltreffer: hier muss man nicht nachdenken und ewig nachfragen, was man essen kann, wenn man Lust auf deftige Kost hat. Statt den „Keesspatzen“ mit Röstzwiebel und Salat (13), Bio-Lupinen-Waldpilzragout mit gebräuntem Serviettenknödel (16) und Tiroler Schlutzkrapfen mit Steinpilzfüllung, Walnüssen und Trüffelsahnesoße mit Kräutern (14,50), die von den jungen Damen erfreut goutiert wurden, wählen wir ein Schnitzel „Wiener Art“ mit Kartoffel-Gurkensalat mit Räuchertofu, Preiselbeeren und Salat (15) und einen „Beyond Cheezeburger“ (13) aus Plantbased Beef, Keese, Gurke, Zwiebel, Tomate etc.

Das Schnitzel wunderbar paniert, das Sojafleisch nussig im Geschmack und richtig saftig (was bei mindestens 75 Prozent der Schweineschnitzel, die normalerweise für den Preis angeboten werden, nicht der Fall ist, da man sie durchbraten muss). Pommes (4) tiptop, Salat und Dressing gut, der Kartoffelsalat ok, den klein gewürfelten Räuchertofu, der wohl eine gewissen Speckwürfel-Assoziation suggerieren sollte, hätte es nicht gebraucht. Der Burger war wirklich gelungen: der Bun weich und eher süßlich (muss man mögen), das Beyond Meat-Hack bestens abgeschmeckt, die roten Zwiebelringe hauchdünn, Tomate und Gurke mit Biss. Bei der faden Remoulade muss noch ein bisschen mehr am Ei-Ersatz getüftelt werden. Den Entenbraten aus Seitan mit Blaukraut und Kartoffelknödel (20), der am Nebentisch für Begeisterung sorgte und definitiv nach Weihnachten roch, essen wir das nächste Mal – und nicht erst in 30 Jahren.

Fazit: Das Bohdi bietet solide und überwiegend gelungen Wirtshausküche, für die kein Tier sterben muss, außerdem ist das Lokal einfach sympathisch und gemütlich. Man muss nicht gleich Veganer werden, aber die Fleisch-Alternativen werden immer besser und gerade beim Hackfleisch-Ersatz sollte/könnte man diese auch mal in Betracht ziehen.

Autor: Rainer Germann

Bodhi, Ligsalzstr. 23
So-Fr: 17 bis 23.45 Uhr/Sa: 12 bis 23.45 Uhr, Tel.: 089 41 14 24 58, www.bohdivegan.de

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