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Restaurant Tahdig im Lehel: Essen ist Heimat 

Das Persische Restaurant Tahdig im Lehel entführt seine Gäste in die Persische Küche
Das Persische Restaurant Tahdig im Lehel entführt seine Gäste in die Persische Küche © Rainer Germann / InMagazin Verlags GmbH

Das Persische Restaurant Tahdig im Lehel entführt seine Gäste in ein Land, das man zur Zeit leider nur kulinarisch bereisen kann 

Der Tisch übersät mit Schälchen und Tellerchen, die auch ohne die köstlichen Speisen bereits ein Augenschmaus sind. Ein Besuch im Tahdig ist ein Erlebnis: Historische Artefakte und bemalte Keramik bilden einen bunten Gegenpol zu den schwarzweißen Bildern einer vergangenen, aber nicht vergessenen Ära des Iran, manifestiert in Straßenbildern aus dem Teheran der 1960/70er Jahre. Die meisten Europäer kennen diese Straßen aktuell nur als Tagesschau-Kulisse für blutige Straßenschlachten zwischen Demonstrierenden und den brutalen Polizeitruppen einer Mullah-Diktatur - „Frau, Leben, Freiheit“ ist der Schlachtruf des Widerstandes, ausgelöst durch den Tod der jungen Jina Mahsa Amini in Gewahrsam der Sittenpolizei.

Schwer verbinden sich diese Bilder mit der wunderbaren Atmosphäre des gut besuchten Restaurants und natürlich ergreifen wir die Gelegenheit bei unserer Tischnachbarin, nennen wir sie G., die seit rund zwei Jahren in Deutschland lebt, nachzufragen, wie es um den Kontakt zu den Daheimgebliebenen steht (schwierig). Geschäftsführerin Sarah Khosroshahian-Peric ist wie G. engagiert, wenn es darum geht Demonstrationen in München zu organisieren und den Widerstand im Iran zu unterstützen. Für viele im Exil Lebende wäre das Tadhig „ein Stück Heimat“ geworden, erzählt Sarah gerührt. Zurück an den Tisch.

Wir sind in großer Runde da und natürlich muss G. als native guide für alle bestellen. Los geht es mit einem Persian Spritz (7,90), das ist Prosecco mit Safran, Basilikumsamen und Rosenwasser. Ohne Alkohol heißt das Sharbat Zanjebil, der Prosecco wird durch verdünnten Ingwersirup und Minze ersetzt. Die Basilikumsamen verleihen dem erfrischenden Getränk ein lustiges Zungenspiel, das Rosenwasser ist zum Glück dezent eingesetzt. Hossi, unser Mann im Service, erklärt im Schnelldurchlauf die Besonderheiten der Persischen Küche: sie wäre nicht scharf, man würde mit den Gewürzen eher „geizig“ umgehen, der Reis sei etwas ganz Besonderes, das gilt auch für die verschiedenen Dips, die Vorspeisen und die Grillgerichte (isst man im Iran im Restaurant) und natürlich besonders für die Schmorgerichte (isst man Zuhause). Zum Glück hat sich G. schon Gedanken darüber gemacht, was wir essen könnten, also los.

Das Persische Restaurant Tahdig im Lehel entführt seine Gäste in die Persische Küche
Das Persische Restaurant Tahdig im Lehel entführt seine Gäste in die Persische Küche © Rainer Germann / InMagazin Verlags GmbH

Als Vorspeisen (für 2 Personen, 14,50) wählen wir Mirza Ghasemi (gegrillte Aubergine, Tomaten, Ei und Knoblauch), Kal Kahbab, Aubergine, Minze, Walnüsse, Granatapfelmark; Ghaliyeh Kadoo Tanbal, Linsen mit Kürbis und Zimt sowie Burani Bademjan, nochmal was mit Auberginen, dazu gibt es persisches Fladenbrot. Auch aufgrund der starken Auberginen-Präsenz war das Linsengericht herausragend und blieb in Erinnerung, das soll nicht heißen, dass der Rest nicht schmeckt, aufgrund der Hauptzutat aber ein bisschen ähnlich. Verschiedene Dips machen die Runde und zaubern orientalische Exotik auf den Gaumen: Torshi, in Essig eingelegtes Gemüse; Khiar Shoor, Minisalzgurken; Zeytoun Parvardeh, marinierte Oliven; dreierlei Joghurt-Spezialitäten mit Minze, Aubergine und Spinat und Sabzi, frische Kräuter (Minze, Petersilie, Estragon, Koriander, Basilikum, Schnittlauch), eine Mischung, die dem Gast auch in diversen anderen Gerichten wiederbegegnen wird.

G. empfiehlt Tahdig & Gheimeh: neben der Reiskruste, nach der das Lokal benannt ist, gesellt sich noch ein Schmorgericht mit gelben Platterbsen dazu, einfach köstlich. Die Schmorgerichte haben es unserer Runde angetan und so wird das Angebot des Hauses rundum in Anspruch genommen: Se Pialeh Khoresh (19) versammelt drei verschiedene Gerichte nach Wahl mit Basmatireis und Safranhaube. Beispielsweise Ghormeh Sabzi, in einer Kräutermischung gegartes zartes Rindfleisch mit Kidneybohnen (sehr gut); Koresh Beh, Schmorgericht mit Rindfleisch, Quitten, getrockneten Mirabellen in tomatisierter Soße (fruchtig-raffiniert) und das vegane Khoresh Kadu Bademjan, Auberginen, Kartoffeln, Linsen, Zucchini mit Zimt, Kardamom, Ingwer, das am ehesten noch an ein indisches Gericht erinnert. Fesenjan, Rindfleischbällchen mit Walnuss-Grantapfelmark-Soße wurde beim Tischnachbarn probiert, satter Umami-Geschmack, vielleicht bisschen „mehlig“ am Gaumen. Dieser hat allerdings an diesem Abend bereits eine kulinarische Reise unternommen, die man nicht vergessen und missen möchte.

Fazit: Das Tahdig bringt dem Gast die Persische Küche auf hohem Niveau mit gutem Preis/Leistungsverhältnis, einem tollen Service im stimmigen Ambiente näher. Die Karte bietet noch eine ganze Reihe von Grill- und Reisgerichten, die definitiv Appetit auf weitere Besuche machen. Bleibt nur noch zu hoffen, dass dieses verhasste Regime bald abgelöst wird, damit Frieden, Heimkehr und Reisen wieder möglich sind.

Autor: Rainer Germann

Tahdig, Thierschstraße 35
Mo-Fr: 17.30 bis 23/Sa, So: 12 bis 23 Uhr, Tel.: 089 24 29 31 80, www.tahdig.de