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Das neue Oskar in Schwabing: Coq au Riesling in Wahnmoching

Das neue Oskar in Schwabing
Das neue Oskar in Schwabing © Rainer Schmidt

Mit dem Oskar ist eine gelungene Mischung aus Bistro und Stadtteilwirtshaus am historischen Ort in Schwabing eingezogen

Die Spider Murphy Gang hätte hier ihre ersten Gigs gespielt, davor sind bereits Jazzgrößen aus den Schwabinger Clubs zur Session gekommen – sichtlich stolz berichtet Marko Huth von der Historie seines neuen Lokals Oskar, das als Alte Burg eine Schwabinger Institution war. Später war hier der Franzose Le Sud angesiedelt, nach diversen „Rohrkrepierern“, wie Huth sagt, zuletzt das Savoy.

Im Februar 2020 hat Huth dieses übernommen und zum Oskar umgebaut und dann … genau, Corona. Harte zwei Jahre wären das gewesen, irgendwie hat es der Münchner Gastronom, bekannt aus den Goldenen Kalb am Viktualienmarkt, aber geschafft. Und: es hat sich gelohnt. Vor zwei Monaten wurde mit einem großen Almauftrieb offiziell eröffnet, dieser ist auch seinem Freund und Gast, dem „Prinzregent“ und Tausendsassa Florian Gandlgruber zu verdanken.

Der Schwabinger Architekt, Musiker, Schauspieler und Künstler im Allgemeinen hat hier seine neuesten Bilder ausgestellt, eine Fotoserie namens „Münchner Selbstdarstellungen“, die der Autor dieser Zeilen nebst Begleitung bei einem nachgezogenen Termin nebst Speis und Trank präsentiert bekam. Und der Name ist Programm: Gandlgruber wirft sich auf den Bildern von Fotograf Adalbert Adaszynski, die ironisch mit markanten Slogans über- und unterschrieben sind, an mehr oder weniger bekannten Plätzen der Stadt in Pose, gerne auch begleitet von Pferd, Kaninchen und Lebensgefährtin. Irgendwo zwischen „Wahnmoching“ und „Münchner Geschichten“ sind diese sehenswerten Bilder einzuordnen (hängen noch bis Ende des Jahres). Das Lokal selbst ist in einem sympathischen Bar-Wohnzimmer-Look eingerichtet, zur Zeit spielt sich aber alles in dem wirklich sehr hübschen Garten ab, der schön eingedeckt mit den hohen Bäumen und den bunten Lichtgirlanden auch einem französischen Feel Good Movie entsprungen sein könnte.

Eine übersichtliche Karte, die auch als Platzgedeck dient, bietet rund zwanzig Gerichte, aufgeteilt in Vorspeisen (11,50 bis 18 Euro), Salate (16,50 bis 18), Hauptgerichte (18 bis 34) und Desserts (3 bis 10). Hier versammeln sich Gerichte wie Rindertatar mit Wachtelei oder Stracciatella (das Innere der Burata) mit Vinaigrette aus getrockneten Tomaten, Croutons und Rucola. Die Kalbfleischpflanzerl mit Kartoffelpüree und Jus waren ganz hervorragend, luftig, locker, das Püree bestens abgeschmeckt, die Jus kräftig. Der alternativ dazu servierte Kartoffel-Gurkensalat (ist auch beim Wiener Schnitzel dabei) ist hausgemacht, mittlerweile eine Seltenheit, für den sich der Besuch schon lohnt. Der Caesar Salad (kann man auch als kleine Portion bestellen) war schön frisch, guter Parmesan, krosse Croutons, vielleicht waren die Maishühnchen-Stückchen ein bisschen trocken bzw. zu klein geschnitten.

Zu trinken gab es eine kleine Tour durch die offene Weinkarte (wird in Kürze noch um eine größere Auswahl auch an Naturweinen erweitert, so der Chef). Hier blieben ein 2019 Weißburgunder und ein 2018 Pinot Noir vom Weingut Heitinger aus Baden in Erinnerung, ebenso der Mischsatz vom Alten Weingarten von Norbert Bauer aus Niederösterreich und ein VonderMark*Walter Grauburgunder aus Baden (alle Weine 0,1l zu 4,50 bis 5,50, die Flaschenweine beginnen bei 29 Euro).

Das Coq au Riesling wurde gerade in dem vom Michelin empfohlenen Restaurant 1463 in Baden gegessen - die im Oskar präsentierte, mit Garganelli-Pasta, Oliven, Kirschtomaten und Pilzen etwas mediterran angehauchte Variante stand dem nur ganz wenig nach. Die mit einer sehr kräftigen Jus lackierte Lammstelze mit grünen Bohnen, wildem Broccoli, Schmortomaten und Grenaille-Kartoffeln in der Schale war beste provenzalische Küche, vielleicht war die Jus für einen lauen Sommerabend ein bisschen mächtig.

Mit einem selbstgemachten Mango-Sorbet mit etwas „Dicker Fritz“-Schaumwein wurde aber das kulinarische Gleichgewicht wiederhergestellt, ein wunderbarer Abschluss für einen gelungenen Abend.

Fazit: Nach dem großen Kino im Goldenen Kalb steht dem tollen Gastgeber Marko Huth seine neue, etwas bescheidenere Wirkungsstätte viel besser. Die Mischung aus französischem Bistro mit Niveau und Stadtteilwirtshaus mit Charme passt perfekt nach Schwabing, wie die zahlreichen Gäste aus der Nachbarschaft beweisen. Für alle anderen ist der Besuch einen Ausflug wert.

Autor: Rainer Germann

Oskar, Bismarckstraße 21
Di-Sa: 18 bis 24 Uhr; Tel.: 089/23 75 50 30; www.oskar.bar