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Schlaraffenland für Foodies: Das „FrischeParadies“

Im FrischeParadies bei der Arbeit...
Im FrischeParadies bei der Arbeit... © -

O’zapft is – und die Stadt befindet sich mal wieder im alljährlichen Ausnahmezustand. Wiesnzeit halt. Von allen Seiten fallen flächendeckend trächtig verkleidete, ungemein fröhliche Menschen ein. Die U-, S- und Trambahnen sind rammelvoll. Demutsvoll knirschende Autofahrer stehen von einem Stau zum nächsten, dazwischen drängeln wild umsatzorientierte Taxi- und Rikschafahrer, entnervte Lieferanten und die üblich hasardierende Radlerschar – München steht.

Also hauptsächlich nicht nur auf den Bierbänken der Festzelte, sondern auch sonst rundum. Nur der Rubel – der ist der einzige, der auch als Euro durchgehend immer rollt. Das sei allen ehrlich vergönnt, die dort und drumherum werkeln. Was soll man sagen: Für die einen ist die Wiesn halt das Paradies, für andere eher weniger ...

Ein Himmel voller Schinkenkeulen

Paradiese kommen und gehen, so auch im Bauch von München, besser gesagt im Schlachthofviertel. Hier hat man gerade gleich mal von „Obrigkeitsseite“ aus ein paar Paradiese im südlichen Viehhofgelände entfernt und jetzt sind das Freiluft-Viehhofkino, der dazu gehörige Biergarten und die still wuchernden Alternativ-Kleingärten leider weg. Zurück blieben nur ein großes Bauloch für das neue Volkstheater, die rundum herrlich farbig tätowierten Außenmauern – und zum Glück auch das legendäre „Wirtshaus im Schlachthof“, Kultur-Paradies und Kabarett Institution schlechthin (endlich angekommen ist dafür auch ein kleines Stück weiter Richtung Großmarkthalle der mittlerweile sehr beliebte Paradies-Dampfer „Utting“). Auch gut.

Paradiesmäßig hält sich aber auch schon seit längerer Zeit umgeben von Fleischhändlern, Schlachtbetrieben und Wursthaut-Dandlern auf dem nördlichen Teil des Schlachthofgeländes das sogenannte „FrischeParadies“.

Im FrischeParadies...
Im FrischeParadies... © -

Gegründet einst als Fisch-und Delikatessenhandel C. Lindenberg in noch-kaiserlichen Zeiten in Berlin (von dem sich schon Wilhelm I. seine Stullenaufstriche per Pferdefuhrwerk bringen ließ), entstand über die Jahre ein seit 1967 zur OetkerGruppe gehörender Großhandelsbetrieb, der in Deutschland und Österreich Abhol- und Liefermärkte für Gastromomie-Klientel betreibt. In München hieß das FrischeParadies früher Thomas Niederreuther GmbH und war für Privatpersonen nicht zugänglich. Mittlerweile wurde das geändert: Jetzt darf Jedermann und Jedefrau hier ins Paradies!

An allererster Stelle der Produktpalette stehen nach wie vor Fisch und Seafood, gefolgt von Fleisch und Geflügel. Betritt man die beindruckende Ziegelgewölbe-Halle ist man sofort ziemlich eingenommen von den Gerüchen, der optischen Opulenz der Waren und dem Charme dieser Markthalle. Eine immens große Käsetheke, die gut sortierte Gemüse- und Obstabteilung, eine gerade neu mit blauen Fliesen gestaltete, imposante Fisch- und Seafood-Theke, eine gewaltige Fleisch- und Geflügelabteilung oder auch die Schinkenabteilung, über der der Hallen-Himmel voll edler Schinkenkeulen hängt. Dazu feinstes Küchengerät vom Austernmesser bis zum BigGreen-Egg-Grill samt Holzkohle, verschiedenste Pasta- und Reis-Sorten und und und … Das alles ist schon mal für alle Kochbegeisterten ein kleines Schlaraffenland und sicher einen Besuch mit Preisvergleich wert.

Alles im Griff – dank Paolo, Roberto und Simone

Wir sind aber auch Fans vom „FrischeParadies-Bistro“ – eine offene Küche, um die man an einem Tresen herum sitzt und schon ab sechs Uhr früh Frühstück und Brotzeit, ab 11.00 Uhr dann deftig-feine Bistroküche genießen kann, inklusive legerem, freundschaftlich-lockerem Umgangston vom italienischen Gastro-Team. Frühstücksdirektor Paolo, Koch und Pfannenakrobat Roberto und Simone als Servicechef haben den Laden fest im Griff und kennen offensichtlich viele ihrer Gäste.

Hier kann man sich zum Beispiel frisch aufgeschnittenen Edel-Schinken direkt von der Schinkentheke nebenan anrichten lassen oder ein selbst ausgesuchtes Fleischstück nebst Tages-Gemüse für 12.- Euro Pfannengeld-Aufschlag zum Einkaufspreis brutzeln lassen.

Wir haben mit zwei Stück lobenswerter Weißwürscht‘, (hergestellt in der Nachbarmetzgerei Gassner, mit Brezn 3,90) unseren Erstbesuch beendet. Beim nächsten Besuch war es dann schon ein üppiger Teller dicker, perfekter Spaghetti mit frischen, großen, schön gebratenen Garnelen in intensiv-fruchtiger Tomatensauce (14,90) und einem sehr ansprechenden Cuvée von der Kellerei Metzger („Kleiner Weisser“, 5,80/0,2 – eine Weinabteilung gibt es in diesem „Paradies“ natürlich logischerweise auch).

Die Krönung schöner Mittagsstunden war dann beim dritten Besuch einmal das Filet vom Seeteufel (25,90) und eine kleine Portion Bouillabaisse (14,90): drei richtig üppige Stücke gebratener Seeteufel, serviert auf dem Pfannen-Tagesgemüse mit halbierten Frühkartoffeln – alles perfekt, bis auf die leider etwas lässig zu weich gegarten Kartoffeln. Und die „kleine“ Bouillabaisse – mit ganzen Kabeljau-, Seeteufel- und Seewolfstücken und Garnelen in einem klaren, tomatigen Fischfond mit angenehmer Schärfe serviert, dazu frisches Weißbrot und ein kleines Gläschen vom roten portugiesischem Tecedeiras (5,80) – war ebenfalls äußerst fein. Fazit: Kulinarisch geradezu „paradiesische“ Zustände …

Autor: Peter Trischberger 

Bistro FrischeParadies, Zenettistraße 10e
Tel: 089 7671-27 Bistro: Mo bis Do: 06.00 – 16.00 Uhr, Fr. 06.00 – 17.00 Uhr, Sa. 07.00 – 17.00 Uhr, Markt: Mo bis Fr: 06.00 – 20.00 Uhr, Sa. 08.00 – 18.00 Uhr, www.frischeparadies.de