Kunst im Februar: Dada und Architektur

Die neuen Ausstellungen im Februar legen ihr Hauptaugenmerk auf Humor und Interkulturalität.
Bereits letztes Jahr eröffnet und nun in voller Blüte ist der zweite Standort der ERES-Stiftung. ERES Projects, in der Theresienstraße 48 direkt gegenüber der Sammlung Brandhorst präsentiert zum Einstand die Ausstellung Manche trugen Federn (bis 24.02.), zusammengestellt von Gregor Hildebrandt, Professor für Malerei und Grafik an der Akademie der bildenden Künste. In der Ausstellung prallen auf humorvolle Weise Kunst und Wissenschaft zusammen, ergeben manchmal eine Symbiose und manchmal -ebenso gelungene- frankenstein’sche Chimären. Insgesamt geht es um Dinosaurier und wem das als Besuchsgrund nicht genügt, braucht nur einen Blick auf die Liste ausgestellter Gegenwartskünstler und -künstlerinnen zu werfen: Astrid Bauer, Sibylle Bergemann, John Bock, Jean-Pascal Flavien, Moritz Frei, Gerrit Frohne-Brinkmann, Tine Furler, Gregor Hildebrandt, Andy Hope 1930, Mia Kleier, Alicja Kwade, Stefan Rinck, Gerd Rohling, Jenny Rosemeyer, Laurentius Sauer, Anne Waak & Janne Gärtner.
Und humorvoll geht es weiter: Zum 75. Todestag Karl Valentins eröffnet das Valentin-Karlstadt-Musäum die Ausstellung Krautwurst & Weißwickel (09.02. – 02.05.). Zehn Studenten und Studentinnen eines Designprojekts der Hochschule Augsburg entwickelten unter der Leitung von Prof. Michael Wörgötter eine Arbeit der sehr außergewöhnlichen Art. Karl Valentin und Kurt Schwitters haben 2023 ihren 75. Todestag. Nicht am selben Tag, aber doch sehr nahe beieinander. Kurt Schwitters, der große Dadaist aus Niedersachsen starb am 8. Januar 1948 und Karl Valentin, der unvergleichliche Universalkünstler aus München fast auf den Tag genau, einen Monat später, am 9. Februar 1948. Dieses Ereignis war Anlass und Antrieb für die Projektgruppe, diese beiden großartigen Künstler, von denen man nicht weiß, ob Sie sich jemals persönlich begegneten, in einer Buchpublikation zu würdigen. Ausgestattet mit dem jeweiligen Gesamtwerk der beiden Künstler, mit Bild- und weiterem Textmaterial, ließen die Studierenden Valentin und Schwitters sich »treffen« und für eigene Texte inspirieren. In einem kreativen und durchwegs analogen Prozess, der dadaistische Züge annahm, entstanden eine Vielzahl von Collagen. Alleinstehend, oder auch in Kombination mit den Originaltexten von Valentin und Schwitters, entwickeln diese eine ganz eigene Dynamik. Das entstandene erschien im Münchner Allitera Verlag und wurde zur Inspiration für die Ausstellung.
Zu sehen sind in der Ausstellung rund 40 der Collagen, ergänzt durch Seiten aus dem Buch, eine Art »Making of« also dieses abenteuerlichen und wilden Projektes. Gemacht zum Gucken, Lesen, Wiedererinnern an zwei seelenverwandte Künstler: Karl Valentin und Kurt Schwitters.
Von München hinaus in die weite Welt: Mit der Ausstellung Nippon Mania (bis 11.06.) richtet das Kunsthaus Kaufbeuren den Blick auf die aktuelle Kunst Japans, der aus eurozentrischer Sicht noch immer von Klischees verstellt ist. Die Ausstellung versucht zu ergründen, welche der Charakterisierungen japanischer Kunst tatsächlich greifen, die als perfektionistisch glatt bis designerisch gelackt, essenzhaft in ihrem Minimalismus, puristisch, hyperästhetisch und jeden sozialen Anspruchs enthoben beschrieben wird. Die Brüche und Reibungspunkte, an denen derlei Trivialisierungen scheitern aufzuzeigen, ist Ziel der Überblicksschau im Kunsthaus Kaufbeuren. Denn in Japan, historisch erprobt im Absorbieren von Fremdeinflüssen, verbindet sich ein bis heute lebendiges Kulturerbe mit der Innovationsmanie einer hochtechnisierten Gesellschaft. Diese eigentümliche Symbiose in der japanischen Kunst und Kultur berührt letztendlich die hochaktuelle Frage der Identitätsbewahrung in einer Welt, die mehr und mehr von virtuellen Realitäten bestimmt wird. Mit Werken von Nobuyoshi Araki, Katsumi Hayakawa, Leiko Ikemura, Toko Izumi, Keiicho Ito, Aya Kawato, Ryo Kinoshita, Yayoi Kusama u.a.
Ein weiteres Highlight im Februar: Das Museum Villa Stuck präsentiert mit Alice Rekab – Mehrfamilienhaus (ab 16.02. – 14.05.) die erste museale Einzelausstellung des irisch-sierra-leonischen bildende*r Künstler*in Alice Rekab. (Der abwechselnde Gebrauch von männlichen und weiblichen Formen geschieht aus der Identität Rekabs heraus.) Rekab erforscht kulturelle und persönliche Erzählungen – Geschichten, die wir über uns erzählt bekommen, und Geschichten, die wir selbst erzählen. Die eigene irisch-sierra-leonische Identität bildet dabei den Ausgangspunkt, um über Lebenswirklichkeiten, Erfahrungen des Erwachsenwerdens und Familiengeschichte/n nachzudenken. Wie gestaltet sich die eigene Zugehörigkeit? Durch die Prismen von Körper, Familie und Nationalstaat werden Freuden wie Traumata des eigenen Daseins betrachtet.
In der Ausstellung im Rahmen der Reihe RICOCHET werden bestehende und neue Werke zu sehen sein. Die Werke sind gattungsübergreifend und umfassen Text, Performance, Film, Collage, Skulptur und Installation.
Kennen Sie Marina Tabassum? Wahrscheinlich nicht. Sie gehört zu den herausragenden Architektinnen der Gegenwart. Sie hat zahlreiche internationale Preise gewonnen und an vielen Universitäten weltweit gelehrt. Aber: Ihr gebautes Werk ist bisher komplett in Bangladesch entstanden und daher außerhalb des Landes nur wenigen bekannt. Umso besser, dass die Pinakothek der Moderne dies mit der weltweit ersten Gesamtdarstellung Marina Tabassum Architects: In Bangladesh (ab 09.02. – 11.06.) ändern wird. Tabassums Bauten reichen von Regierungsprojekten bis hin zum einfachen Wohnungsbau. Im Entwurfsprozess arbeitet Tabassum eng mit Studierenden und der lokalen Bevölkerung zusammen, immer auf der Suche nach einer zeitgemäßen, aber dennoch ortsgebundenen Architektursprache. Ihr Ansatz aus lokaler Forschung, sozialem Engagement und Einbeziehung globaler Herausforderungen ist beispielhaft für die aktuellen Aufgaben der Architektur.
Anlässlich der Ausstellung steht ein traditionelles Haus aus Bangladesch im Eingangsbereich der Pinakothek, das Marina Tabassum als Inspiration für ihre Projekte auf dem Land diente. Das aus Holzrahmen und Wellblech bestehende Bausystem, das einfach auf- und abbaubar ist, wurde für die Pinakothek auf dem lokalen Markt in Dohar gekauft.